Blasentraining bei Dranginkontinenz

Zwar ist Dranginkontinenz keine gefährliche Form der Harninkontinenz, jedoch ist die OAB wet (wie sie in der Fachsprache heißt) eine Form der Inkontinenz, die Betroffene in Ihrer Lebensqualität stark einschränkt, da sie ständig ihre Blase entleeren müssen. Neben medikamentöser Therapie, Beckenbodentraining und verhaltenstherapeutischer Maßnahmen hilft ein so genanntes Blasentraining. Die Kontinenz- und Stomaschwester Gisele Schön erklärt wie das geht.

Blasentraining nur bei überaktiver Blase!

RH: Wenn jemand glaubt ein Blasentraining zu brauchen, an welche Berufsgruppe muss er/sie mich wenden?

GS: An eine Kontinenz- und Stomaberaterin. Blasentraining gehört immer fachärztlich abgeklärt, ärztlich angeordnet und von einer kompetenten Pflegeperson angeleitet. Wenn jemand selbstständig ein Blasentraining durchführt und zum Beispiel eine Überlaufblase hat dann wäre das gefährlich, weil die Restharnmengen ansteigen könnten und die Gefahr von einem Rückstau in die Niere besteht. Es muss sicher sein, dass es kein Harnwegsinfekt ist, dass der Drang nicht aufgrund eines Abflusshindernisses besteht. Es muss eindeutig ärztlich geklärt sein, dass es eine überaktive Blase ist. Bei einer überaktiven Blase ist ein gezieltes Blasentraining angebracht.

RH: Wie funktioniert Blasentraining genau?

Das Protokoll oder Blasentagebuch

GS: Ein Blasentraining erfordert sehr viel Arbeit und Überwachung. Der/die PatientIn lernt zuerst ein Protokoll zu schreiben. Mit dem kommt er/sie in die Beratungsstelle. Da steht drinnen, wann ein Drang vespürt wurde und wann ein ungewollter Harnverlust stattgefunden hat. Dann wird geschaut wie oft passiert das tagsüber. Und dann wird der/dem PatientIn erklärt wie er/sie sich weiter verhalten soll.

Drang veratmen und Beckenboden spannen

GS: Erstens soll der/die Betroffene eine sichere Einlage tragen. Denn falls es zu einer Inkontinenzepisode kommt, ist ein Schutz vorhanden und es kommt zu keinem schlechten Erlebnis. Die Patienten lernen als erstes nicht beim ersten Drang sofort die Toilette aufzusuchen, sondern sich hinzusetzen und den Drang zu veratmen gemeinsam mit einer leichten Beckenbodenspannung. Meistens hört dann der Drang auf. Und dann geht man aufs Klo und entleert. Also nicht gleich im Drang. Und so fängt man an. Man schreibt das ganz genau auf. So dass man die Drangepisoden etwas hinaus zögern kann. Also bewußt den Drang erleben und veratmen.

Blasenvolumen erweitern

GS: Damit bleibt der/die PatientIn aber auf dem Nieveau der Blasenfüllung, die er/sie zur Zeit hat. Wenn man jetzt das Blasenvolumen vergrößern will, dann muss man noch vermehrt trinken. Das bedeutet aber nicht einfach mehr zu trinken. Sondern das muss ganz genau von der Pflegeperson vorgegeben werden. JedeR bekommt einen Messbecher mit. Da uriniert er/sie hinein und von dieser Harnmenge geht dann die Steigerung aus. Man vereinbart Ziele. Etwa: 1/8 Liter mehr trinken. Dann kommt man auf eine höhere Flüssigkeitsmenge. Und dann trainiert man das gemeinsam mit dem Veratmen und der Beckenbodenspannung sodass man bald auf einen viertel Liter kommt usw. Bis das Volumen wieder einem Normalwert entspricht. Ziel ist es ein größeres Blasenfassungsvermögen und längere Entleerungsintervalle zu erreichen.

RH: Wie lang dauert so ein Blasentraining?

GS: Das ist ganz unterschiedlich. Manche sind relativ schnell in 3- 4 Wochen oder ein wenig länger. Meine Erfahrung ist, dass ich bei Frauen schnellere Erfolge erleben konnte. Bei Männern war es oft schwieriger. Ich weiss nicht warum, aber Männer sind vielleicht ungeduldiger. Wichtig ist alles genau zu dokumentieren und jeden kleinen Erfolg anzuzeigen. Das steigert die Motivation und bringt den Erfolg.

RH: Danke für das Gespräch!

Die Krankenschwester und Kontinenz und Stomaberaterin Gisele Schön hat sich ihr Berufsleben lang mit dem Thema Inkontinenz beschäftigt. Ihre Laufbahn als OP Schwester im urologischen und gynäkologischen Bereich führte Sie zum Theama Inkontinenz. Gisele Schön hat ein Fachbuch für Pflegekräfte über Inkontinenz geschrieben, jahrelang die Kontinenzberatung der Stadt Wien/FSW geleitet und einen Ratgeber für Betroffene von Harn- und Stuhlinkontinenz geschrieben. Sie hat in mehreren Expertengremien gearbeitet, ist Vorstandsmitglied der Medizinische Kontinenzgesellschat Österreich und hat an der Erstellung von Pflegestandards im In- und Ausland mitgewirkt. Derzeit schreibt sie an einem weiteren Fachbuch für Pflegekräfte.

Weitere Informationen zum Thema Blasentraining finden Sie hier:

Kontinenzberatung der FSW – Wiener Pflege- und Betreuungsdienste GmbH

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